Pressartikel zum ersten Hutkonzert

Pressartikel zum ersten Hutkonzert

Harry Borgner singt in Bischofsheim Lieder von Reinhard Mey

Foto hbz/Stefan Sämmer

Er ist der „Mann mit den 1000 Stimmen“. Im Bischofsheimer Biergarten lässt Harry Borgner nur eine davon erklingen – und erzählt auch, warum.

Von Helene Braun

BISCHOFSHEIM – Auf Kreuzfahrtschiffen singt sich Harry Borgner um die Welt bis nach New York, er hat den Fachmedienpreis in der Sparte Parodie errungen und ist Gewinner des 3. Deutschen Parodistenfestivals. Bei der Matinee im Biergarten des SV 07 Bischofsheim ließ „der Mann mit den 1000 Stimmen“ nur eine erklingen, die von Reinhard Mey, die seiner eigenen sehr ähnlich sei. „Da muss ich mich nicht viel verstellen“, gab er am Rande des „Morgens für die Seele“ preis.

Die vielen Gäste im Rund unter der jahrhundertealten Eiche nahmen das Programm dankbar an, jubelten bei der „Heißen Schlacht am kalten Büfett“, wurden melancholisch bei „Schade, dass du gehen musst“ und ließen ihn am Ende ohne Zugabe nicht ziehen.

Mit dem ersten Hutkonzert mit Liedern über das Leben, den Tod, die Freunde und die Liebe hat der SV 07 mit seinem engagierten Mitglied Holger Schneider eine tolle Idee verwirklicht und es soll nicht die letzte gewesen sein. Harry Borgner bettet die Lieder in sein eigenes Leben ein, erzählt Histörchen, hält Selbst- und Innenschau und setzt die Texte in Bezug dazu. So gelingt es ihm, sich die Stücke wirklich zu eigen zu machen und Authentizität statt Cover zu präsentieren.

Der Barde beginnt mit einem ganz frühen Reinhard-Mey-Stück, vielleicht sogar dem ersten: „Ich wollte wie Orpheus singen.“ Und das tut er dann auch, seine Stimme ist gottgegeben, zu proben braucht er nicht, nur bei den Texten. Die Pandemie hat ihm nämlich eine monatelange Zwangspause beschert. Die schönen, die anrührenden Songs hat Borgner sich für die Matinee ausgesucht wie etwa „Kaspar“ – und auch die fröhlichen. Vor 26 Jahren beschloss der heute 58-jährige Wirtschaftsdozent, nicht mehr nur für die Kunst, sondern auch von der Kunst zu leben. Die Meenzer Fassenacht war sein Sprungbrett, nicht sein Ziel.

Das Lied von dem, der 50 wird, das vom Apfelbäumchen, animiert Borgner, wiederum, ein Histörchen zum Besten zu geben. Nun, so sagten seine Freunde, sei er kein Apfelbäumchen mehr, sondern ein knorriger Apfelbaum, der aber nach wie vor im Frühjahr ausschlägt und im Sommer Früchte trägt: „Welch‘ ein glücklicher Mann bin ich.“ Die Geschichte einer großen Liebe: „Wie vor Jahr und Tag“, berührt die Seele im Innersten. „Über den Wolken“ ging in die Lesebücher der Schulkinder ein.

„Dieses Lied ist Gänsehaut pur mich“, eröffnet der Sänger danach die Moderation zu „Viertel vor sieben“ und fügt an: „Sie spüren hoffentlich, was ich fühle.“ Bei aller Welterfahrenheit ist es die Heimat, die Borgner wirklich am Herzen liegt. Und er denkt an die Pandemie, die Kriege in der Welt und gibt die Hoffnung weiter, die die Lyrik Reinhard Meys auch immer enthält. Gegen Ende schlägt Harry Borgner auch den Bogen nach Bischofsheim mit „Mein Dorf am Ende der Welt“. Zwar stammt er – und das könne er auf dem Kreuzfahrtschiff nicht erzählen – aus Finthen, doch der Opa kam aus Bischofsheim.